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Letter from Leopold Guth of 1 June 1850

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Date: 1 Jun 1850 [unknown]
Location: Untersimonswald, Waldkirch, Freiburg, Baden, Deutscher Bundmap
Surname/tag: Guth
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see Letters of Franz Xaver and Leopold Guth

Transcript

[Simonswald, den 1ten Junius 1850.]
Lieber Bruder!
Deinen lieben Brief erhielten d/18ten May wir mit Freuden, und
haben darin ersehen, das Du, und deine Frau Gott Lob immer gesund, welch=
es Wir alle auch sind. Lieber Bruder, du hast uns geschrieben, das mir1
sollen das Haus und alles verkaufen, und zu dir nach Amerika ziehen.
Lieber Bruder in der Zeit in welcher mir jetzt leben ist bös, den2 man
kan3 nicht verkaufen, an diesem ist nichts schuldig als die Refolution4
welche in unserm Baden herschte Wen5 mir verkaufen könten, käm
en mir zu dir hinein, wen wir aber nicht verkaufen könen so könen
wir nicht komen. Lieber Bruder du hast mir geschrieben , Du köntes6 mich
notwendig brauchen, weil du fir7 mich Arbeit genug hätest, Aber
du hast gefürchtet ich sei Soldat, welches ich Gott sei Dank noch nicht bin.
Mit den Freiheitsmänern8 ist es pünktlich so wie du geschrieben hast.
du wirst wahrscheinlich fast alles wüssen9 wie in der Refolution ge
gangen, ich will dir aber doch einiges melden, alle von 18 bis 30 Jahr
musten lernen exezieren, abhin10 grum oder grad, halbblind oder
gesehend, das machte keinen underschied. Die Menschen wurde so wen
ig geachtet als die Hund auf der Strase, sehr viele flichteten
Sich, welche nicht ein Schlachtopfer werden wollten, Ich bin auch enfloh=
en, als mir mit Sack und Pack abmaschieren musten aus Simonswald
nach Freuburg,11 da sind mir einquattirt worden, der Xaver Valk ist vorher
enflohen, er ist nicht mit nach Freuburg, ich wär auch nicht mit abmaschirt,
die Ursache ist diese, den die Astokoraten12 sind grausam verfolgt worden //
und wir waren auch keine Freihe[i]ts gesinden,13 man hat sich halt nicht
könen wieder setzen, den der Anhang14 auf leztere Bardie15 war bedeudent
störker, darum hat man auch kein Wiederstand mer leisten könen. Deswegen
bin ich mit marschirt nach Freuburg meine lieben Eltern hätten könen
gefoltert werden, in Freuburg sind wir den 25ten Juny16 Mittags angekomen.
Dan sind wir Simonswälder in der Salzgasse vor dem brofisorischen Regirung
Palast17 aufgestellt, da haben wir Billeten18 erhalten, da hies es ausendander
marsch ins Quatir,19 ich habe ein Billet gehabt füs20 sechs Mann, da suchte ich
unser Quatir, da wurden wir recht bewirtet. Mit Dan hatten wir Verlees21
gehalten, da kam der Oberst, gab den Befehl aus, Morgen wird abgemarschirt
nach Rastatt in die Festung, da machte ich mich auf, gieng in das Quartir, und
sagte, ich habe arg geschwizt, ich möchte mein Schlafzimer, damit ich mein Hemd aus
zihen kann, es wurde mir gleich eines angewisen [Zwischenzeile, Einschub oben: aber wieder], da nam ich mein Donister22 ging mit in das Schlafzimer, pakte Es aus, legte die Gleider an, und
warf es unter die Bettstatt aus lauter Zorn, dan speiste ich noch zu nacht, [Zwischenzeile, Einschub oben: der Grosherzoglig]
kaufte mir eine Zigare zintete Sie an, so flichtete ich mich aus der statt
Stadt Freuburg. Du kanst denken am Morgen bin ich nach Freuburg marschirt und in
der Nacht wider entflohen, die ganze Nacht geloffen,23 Morgens drei Uhr bin ich
wider in meiner Heimat gewesen, von da ich mich wider flichtete in der Wald24 ehe es gar
Tag geworden war, ich wuste schon einwenig wo der Falk sich könt aufhalten, und
habe ihn auch klüklich gefunden, im Grittwald oben haben wir ein Lager geschlagen.25
Speise und Gedränke haben wir bei uns gehabt. ich und der Falk sagten fielmal
zusamen, wir wollen lieber im Wald verschossen werden, als zu einer solchen
Schlechtigkeit helfen, den es war bös gewessen wenn die Lumpenkerl meister
worden weren,26 aber die Bru Breussen27 haben Sie verhauhen, wir haben //
das Land schwarz28 foller Soldaten gehabt, nemlich Breussen, Wittenberger,29
Hessen, Nassauer, Kurhessen, Hessendarmstätter, wo sie nacher Haus sind
sind alle Tage in einer Woche vom Schwarzwald herr durch den Simonswald
gemarschirt, alle mal haben die Simonswalder Einquartirung gehabt, ettliche
Mahl ein Bauer bis auf 20 Mann, ein Einzigesmahl haben mir einer
ins quatir bekomen, ein Nassauer, aber ein guter Mann, es war ein Mus=
ikant, lauter schöne Leut sind durchmarschirt, im Sigel sein Kohr30 ist
auch durch den Simonswald gezogen. Beim Engelwirth in Obersimonswald
haben Sie sich wolle stellen,31 wir haben schon Befehl gehabt zum schanzen, da sind
aber Mann 3 dausend Breussen nach Bleibach gekomen; da haben Breu=
ssische Hussarren eine Batterroll32 gemacht nach Obersimonswald, da
sind Sie aber verlaufen33 mit samt dem Sigel. Die Breussen hast
du solle sehen, die haben Schnurrbärte gehabt. jetzt sind noch in
fast allen Städtlen voll Breussen, wir haben jetzt noch über die 30 tausend
Mann im Land, des Schniederfranzenmeitles Leo ist ano 49 Soldat gewor=
den, und ist in einer Schlacht gefallen, sondst34 ist keiner aus Simonswald ge=
fallen. Der Pfarr Jäkle35 hat die Leut ermant36 in der Kirche Sie sollen kein
Anteil nehmen,37 sie werden wissen wie es foriges Jahr38 gegangen ist. Da
haben ihn die Republikaner abgeholt und nach Freiburg gefirt39 in den
Torn,40 da hatt er missen auf das Stroh hinligen mit Wasser und Brod, und
zu dem hatt Er nicht gewust wan Er sein Leben mit einem Flindenschuß
enden41 mus. wo aber die Breussen gekomen sind ist er wider rausge=
komen, in jener Zeit ist war es nicht gut leben man hat nicht gewust wan
man ums Leben komt, alle Bürgerliche Gesellschaft wurde aufgelöst
Der Pfarr Jäkle ist nicht mehr im Simonswald sondern ist in diesem Frijahr42 vord gezogen //
Nach Istein43 2 Stund von Bassel.44 Mit diesem Pungte45 will ich ein
mal schlissen.46 ich hätte zu viel zu schreiben wen ich dir alles wollte schreiben
ich will es dir einmahl mündlich midteilen. Lieber Bruder du hast mir ge=
schrieben ich soll zu dir reisen, aber jetzt hab ich noch nicht gespilt,47 dis Spät=
jahr geth es aber an, dan wen ich nicht Soldat werde so komme ich unvelbar48
wenn ich Gesunt bin. Die Mutter sagt fielmahl von dir, wen Sie dich nur auch noch einmahl
secht49 oder mündlich mit dir reden könnte, der Vater ist GottLob immer Gesund
nur beschwert er sich hie und da wegen Magenweh wie schon lang. wen des
Kameres50 wieder schreiben, so mus die Fridolina selbst schreiben, ich brauch das
Geld, um etwas zu lernen51 oder sonst etwas angeben, den wen man in das Amt52
komt so sagen Sie das Medchen wills ja nicht, die Mutter wils ja nur, das
Geld gehört ja im53 Kind, wen es ein mahl schreibt so wird das Geld woll
verabfolgt werten. Der Schuhnider Schuhschneider Xaveri ist hier
Er hat ein Brief gehabt und die Handschrift haben wir auch gelesen, aber wir
haben Ihn nicht bezahlt, den daß Geld ist gar raar, Er geth aber das Späthjahr
wieder hinein,54 da wird eh Er schon dir wieder schreiben, Da kanst Du Ihn drinen55 be=
zahlen, wie mir aus deinem Schreiben ersehen haben, hast du drinen ein weit bessern
Verdinst als Wir. Des Stoffelebauern Baptist hat noch nie geschrieben, wen du
in einmahl erkundigs,56 so meld es auch in einem Schreiben. Auch haben wir
recht Bedaurents57 für dein versp verstorbenes Kind, wir Wünschten Euch alle
es wäre am Leben geblieben, damit es Euch recht Freude hätte machen können.
Nun will ich mein Schreiben schließen mit dem herzlichsten Wunsche das E[u]ch
dieser Brief in bestem Wohlsein und Gesundheit andreffen werden möge.
welches mir alle auch Sind, Es Grüßen dich alle deine ehemaligen Freunde
und Kamraden besonder der Falk, Wir Grüßen dich und deine Frau und des
Kameres alle zusamen herzlichst. Leopold Guth.
Simonswald den 1ten Junius 1850.
[Randzeilen]
Wen Du wieder einmahl schreibst, so warte nicht mehr so lange, schreib uns auch
bald wider, dan must du auf den Brief schreiben über Neujork und Havre.
Der Brief hat ein Gulden und neununddreisig Kreuzer gekostet der ist vermuthlich England zu die anderen Briefe welche mir friehr58 von Dir erhalten haben.
haben nicht halber so fiel gekostet.

Acknowledgements

  • Hans-Jürgen Wehrle for providing the document copies and some transcriptions
  • Eva Gawlik-Sutter for transcription and everything else

Sources





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