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Location: Gemünden, Simmern, Rheinprovinz, Preußen, Deutschland
Surname/tag: Pullig
Original Text in DEUTSCH Translation in ENGLISCH
Lebensgeschichte des Karl Pullig Life Story of Karl Pullig
Karl Pullig |
Diese Seite ist dem Profil von Karl Pullig (1857-1945) zugeordnet. Die abgebildeten Memoiren befinden sich in Privatbesitz. Die Photos wurden am 26. September 2021 erstellt. Zu dem transkribierten Text wurden Anmerkungen hinzugefügt, die sich untenan finden. Ergänzungen zu den Anmerkungen sind willkommen. Einige im Text genannte Personen und Orte sind noch nicht identifiziert (auch dies ergibt sich aus den Anmerkungen). Personen mit gefunden WikiTree Profilen sind verlinkt.
Where possible english translation is added in blue for better readability, else the translation is in italic. This page is related to Karl Pullig (1857-1945). The displayed memoires are in private possession. The photos were made on 26th September 2021. Remarks and links are added to the transcribed text. Further comments and editions are welcomed. Some of the persons and places in the text are not yet identified (noted in the remarks section), Persons with existing WikiTree profiles are linked.
Titelseite Front Page
Meine Lebensgeschichte
- Aufzeichnungen unseres am 14. November 1945
- im Alter von 88 Jahren zu Simmern/Hunsrück
- verstorbenen Vaters
- Karl Pullig
- aus Gemünden/Hunsrück[1]
- (Original befindet sich in Händen von
- Rudolf Pullig., Simmern/Hunsrück)
My Life Story
- Records of our on November 14, 1945
- at the age of 88 years at Simmern/Hunsrück
- deceased father
- Karl Pullig
- from Gemünden/Hunsrück[1]
- (Original is in hands of
- Rudolf Pullig, Simmern/Hunsrück).
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Ich bin vor kurzer Zeit 87 Jahre alt geworden[2] und möchte hiermit eine kurze Niederschrift über mein hinter mir liegendes Leben geben und meinen Nachkommen hinterlassen. I recently turned 87 years old[2] and would like to give herewith a short transcript of my life lying behind me and leave to my descendants.
Am 25. Oktober 1857 bin ich hier in Gemünden geboren. Meine Eltern waren Christian Pullig und Maria Elisabeth Scheidhauer aus Rhaunen. Meine väterlichen Grosseltern[3] habe ich nich gekannt, von den mütterlichen[4] nur die Grossmutter. Dieselbe war eine grosse, hagere, kräftige Frau, die uns in jedem Jahre einige Zeit besuchte. I was born here in Gemünden on October 25, 1857. My parents were Christian Pullig and Maria Elisabeth Scheidhauer from Rhaunen. I did not know my paternal grandparents[3], of the maternal[4] only the grandmother. The same was a tall, gaunt, strong woman who visited us some time every year.
Mein Vater war ein grosser, kräftiger Mann mit starkem Knochenbau, er war ein strenger rechtlich denkender und handelnder Mann, der uns streng aber gut erzog. My father was a tall, strong-boned man, he was a strict legal thinker and doer who raised us strictly but well.
Wir waren 8 Geschwister, 4 Paare. We were 8 siblings, 4 couples.
Meine Erinnerung gehen bis zum Jahre 1860, in welchen unser Haus gebaut wurde, vom alten Haus habe ich keine Erinnerung. My memory goes back to 1860, when our house was built, I have no memory of the old house.
Die ersten zwei Schuljahre hatte ich Lehrer Best[5] als Lehrer, alsdann Lehrer Schäfer[6], ein junger, sehr kräftiger und energischer Mann und ganz besonders tüchtiger Lehrer, der uns trotz grosser Überlastung ( bis zu 130 Kinder in der Schule ) vieles Wissen und gute Erziehung beibrachte. The first two school years I had teacher Best[5] as a teacher, then teacher Schäfer[6], a young, very strong and energetic man and quite particularly capable teacher, who taught us despite great overload ( up to 130 children in school ) much knowledge and good education.
Nachdem ich aus der Schule entlassen war, kam Schäfer nach Waldböckelheim, wo er der Lehrer meiner Frau wurde, die fast 9 Jahre jünger war als ich. After I was dismissed from school, Schäfer came to Waldböckelheim, where he became the teacher of my wife, who was almost 9 years younger than me.
In meine Schuljahre fiel der dänische Krieg 1864[7], der österreichische 1866[8] und der Krieg mit Frankreich 1870/71[9]. In my school years fell the Danish war in 1864[7], the Austrian in 1866[8] and the war with France in 1870/71[9].
Meine Schulzeit verlief normal. Von meinen Eltern wurde ich früh arbeiten gelernt und auch dazu angehalten. My school years were normal. My parents taught me to work early and also encouraged me to do so.
Die zwei Jahre Religionsunterricht hatte ich bei Pfarrer Nitsch[6], einem ganz kurzsichtigen und unbeholfenen Mann, der sich aber grosse Mühe gab und gerne unterrichtete und auch sehr viel Geschichtliches in den Unterricht einflochte. The two years of religious education I had with Father Nitsch[6], a quite short-sighted and awkward man, but who took great pains and liked to teach and also wove a lot of history into the lessons.
Mein Vater hatte bestimmt, dass ich Gerber werden sollte und hatte schon in einer kleinen Gerberei in Rhaunen alles vorbereitet. Die Sache zerschlug sich aber, weil der Besitzer[6] die Gerberei aufgab. Für mich war das eine grosse Freude, weil ich keine Freude an diesem stinkigen Geschäft hatte. My father had determined that I should become a tanner and had already prepared everything in a small tannery in Rhaunen. But the thing fell through, because the owner[6] gave up the tannery. For me this was a great joy, because I had no joy in this stinky business.
Inzwischen hatte das Geschäft, das meine Eltern in 60er Jahren angefangen hatte, sich so vergrössert und zugenommen, dass ich zu Hause nötig war und zu Hause blieb. In the meantime, the business that my parents had started in 60's had grown and increased so much that I was needed and stayed at home.
Nun übernahm mein älterer Bruder das Fuhrwerk, und ich blieb im Geschäft und in der Landwirtschaft tätig und musste tüchtig arbeiten. Now my older brother took over the cartage, and I remained active in the business and in agriculture and had to work diligently.
Mitte der 70er Jahre fing mein Vater eine Schürfung auf Dachschiefer an, woraus sich die Kaisergrube[10] entwickelte. In the mid-70s, my father started prospecting on roofing slate, which developed into the "Kaisergrube"[10].
Im Geschäft gab es immer mehr Arbeit, besonders im Herbst, wenn die Feldarbeit getan war. Dann kamen die Bauern mit ihren Schmieden und kauften das nötige Eisen p.p. für neue Wagen und Ackergeräte. Dabei wurde jedes Stück auf seine nötige Länge abgehauen, weil die Schmiede in der damaligen Zeit kein Material stellten und nur ihren Arbeitsverdienst in Rechnung stellten, überhaupt holten sie auch das kleinste Stück Eisen auf Rechnung der Bauern, was uns viel Arbeit machte, weil alles aufgeschrieben werden musste, auch wer es geholt hatte, und auch der Zweck, zu dem es gebraucht wurde. Zum Beispiel 5Pfd. Eisen für Scharanlag durch Scherer[6] oder für Hufeisen oder sonst was. There was always more work in the store, especially in autumn when the field work was done. Then the farmers came with their blacksmiths and bought the necessary iron p.p. for new wagons and farm implements. Each piece was cut to its necessary length, because the blacksmiths in those days did not provide any material and only charged for their labor earnings, in general they fetched even the smallest piece of iron on account of the farmers, which made a lot of work for us, because everything had to be written down, also who had fetched it, and also the purpose for which it was used. For example, 5 pounds of iron for shearing by Scherer[6] or for horseshoes or anything else.
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Es musste dann um Jahresschluss eine ebenso ausführliche Rechnung ausgestellt werden. Es kam oft vor, dass der betreffende Kunde sagte, das ist nicht für mich, und konnte dann der Betreffende durch das gründliche Aufschreiben davon überzeugt werden, dass es doch für ihn gekauft und verbraucht war. An equally detailed invoice then had to be issued at the end of the year. It often happened that the customer in question said, this is not for me, and then the person concerned could be convinced by the thorough writing down that it was bought and consumed for him after all.
Es wurden damals alle eingehenden Rechnungen in ein Hauptbuch wörtlich eingetragen. Jeder Lieferant hatte ein Konto, es wurden alle Einzelheiten, wie Zeichen und Nr der Emballage eingetragen, ebenso bei der Rücksendung der leeren Emballage p.p., was den Vorteil hatte, dass man nach Jahren alles noch leicht feststellen konnte. At that time, all incoming invoices were literally entered into a general ledger. Each supplier had an account, it was entered all the details, such as sign and No. of the Emballage, as well as when returning the empty Emballage p.p., which had the advantage that you could easily determine everything after years.
Im Winter kam dann der Löffelscheider Nagelschmied[6], der die von Hand geschmiedeten Schuhnägel, Hufnägel und Speichernägel auf dem Buckel für's ganze Jahr brachte, jede Sorte in einem Säckchen, zusammen oft 60-70 Pfund schwer. Der Nagelschmied war schon ein älterer grosser Mann mit einer ganz aussergewöhnlichen grossen Nase, hatte Landwirtschaft (ein Paar Ochsen) und schmiedet nebenbei die Nägel, was aber nur sehr wenig einbrachte, weil die Nägel ganz billig waren. Es kosteten im Einkauf 1000 Schuhnägel, die ein Mann in einem Tage schmiedete, 1.50 bis 1.70 Mark. Dabei musste das Eisen und die Kohlen gestellt werden, die ungefähr die Hälfte des Erlöses ausmachten. Die Nagelschmiede waren aber auch sehr arme Leute. Die Nägel mussten alle nachgezählt werden, ob keine zu wenig geliefert wurden, was öfters vorkam. Das Zählen war eine sehr schmutzige und abscheuliche Arbeit, bei der man sich in die Finger stach. In winter came the nail smith from Löffelscheid[6], who brought the hand-forged hobnails, horseshoe nails and nails for storage on the hump for the whole year, each kind in a small bag, together often 60-70 pounds heavy. The nail smith was already an older big man with a very unusual big nose, had agriculture (a pair of oxen) and forged the nails on the side, but this brought very little, because the nails were very cheap. It cost in the purchase 1000 shoe nails, which forged a man in one day, 1.50 to 1.70 Mark. At the same time, the iron and coals had to be provided, which made up about half of the proceeds. But the nail smiths were also very poor people. The nails had to be counted to make sure that there were not too few, which happened often. Counting was a very dirty and disgusting job, during which people pricked their fingers.
Da mein Vater öfter krank war und viel an Rheumatismus mit sehr grossen Schmerzen litt, musste ich schon früh das Geschäft führen und schliesslich ganz leiten. Die schriftlichen Arbeiten wurden abends gemacht. Since my father was often ill and suffered a lot from rheumatism with very great pain, I had to manage the business early on and eventually run it completely. The written work was done in the evenings.
Im Winter mussten die nötigen Düten[11] für's ganze Jahr aus gelben Strohpapier gemacht, was abends geschah. In winter, the necessary "Düten"[11] had to be made for the whole year from yellow straw paper, which happened in the evening.
Unser Umsatz war sehr gross geworden, so, dass ich als 10 Ballen oder ein Originalfass Ceilon[12] mit 10-11 Zentner kaufte, auch 10 Fass Rüböl[13] wurden auf einmal gekauft. Wir hatten immer 30-40 Zentner Rohkaffee im Magazin. Als der gebrannte Kaffe zur Einführung kam, haben wir alle 6-10 Tage 100 bis 120 Pfd. selbst gebrannt, was keine so schöne Arbeit war. Die Fässer, in denen der Ceilon kam, waren aus Zedernholz. Wir kauften nur die allerbesten Sorten ein, hatten darum auch so grossen Umsatz. 1 Pfd. kostete im Verkauf 80 bis 90 Pfg roh. Den Kaffee kauften wir lange Jahre meistens von der Firma Colonius & Maul, Cöln.[14] Maul[6] stammte aus Castellaun. Ihr Reisender war Eberhard[6] aus Steeg. Materialwaren bezogen wir von der Firma M.Kemp & Wessel, Cöln, Böhle Nr 6[15]. Bretter kauften wir in Bingen, wo wir sie mit unserem Fuhrwerk abholten, später als die Eisenbahn bis Simmern in Betrieb war, kauften wir in Passau bei Regen & Degendorf[15]. Im Böhmerwald und im Schwarzwald kauften wir, wo ich öfter selbst einkaufen war. Our turnover had become very large, so that I bought as 10 bales or an original barrel Ceilon[12] with 10-11 hundredweight, also 10 barrels of rapeseed oil[13] were bought at once. We always had 30-40 hundredweight of green coffee in the magazine. When the distilled coffee came to the introduction, we distilled every 6-10 days 100 to 120 Pfd. itself, which was not such a nice job. The barrels the ceilon came in were cedar. We bought only the very best varieties, which is why we had such a large turnover. 1 pound cost 80 to 90 pfg raw when sold. The coffee we bought for many years mostly from the company Colonius & Maul, Cöln.[14] Maul[6] was from Castellaun. Their traveler was Eberhard[6] from Steeg. Material goods we purchased from the company M.Kemp & Wessel, Cöln, Böhle No 6[15]. Boards we bought in Bingen, where we picked them up with our cart, later when the railroad was in operation to Simmern, we bought in Passau at Regen & Degendorf[15]. In the Bohemian Forest and the Black Forest we bought, where I was more often shopping myself.
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Nach Bacharach, das vor der Hunsrückbahn[16] unsere günstigste Bahnstation war, ging unser Fuhrwerk jede Woche ein- bis zweimal. Jede Fahrt dauerte 1 1/2 Tage. In Rheinböllen beim dicken Hannchen im Bau wurde übernachtet, dort logierten alle Fuhrleute. Auch der Fuhrmann redete die Wirtin, die Wwe Rheingans[6], mit "Hannche" an. To Bacharach, which was our most favorable railroad station before the Hunsrück Railway[16], our wagon went once or twice every week. Each trip lasted 1 1/2 days. We spent the night in Rheinböllen at the "dicken Hannchen" in the building, where all the wagoners stayed. Also the carter addressed the landlady, the widow Rheingans[6], with "Hannche".
In Bacharach hatten wir einen Spediteur, der alle ankommenden Waren für uns in Empfang nahm und aufbewahrte. Dafür erhielt er pro Centner 10 Pfg. Er hiess Johann Gilz[6]. Ich bin selbst öfter nach Bacharach gefahren. Auch Limburger Oelkuchen[17] holten wir fuhrenweise in Bacharach bei der Firma Steigerwald[15]. Diese fuhren wir oft direkt nach Schwarzerden und Kellenbach, wo selbige schon voraus bestellt waren. In Bacharach we had a forwarding agent who received and stored all incoming goods for us. For this he received 10 Pfg per centner. His name was Johann Gilz[6]. I myself went to Bacharach more often. Also "Limburger Oelkuchen"[17] we fetched by cart in Bacharach at the company Steigerwald[15]. These we often drove directly to Schwarzerden and Kellenbach, from where the press pellets were already ordered in advance.
Da sich mein älterer Bruder Christian nach Kellenbach verheiratet hatte, übertrug mein Vater, der im Mai 1889 starb, schon lange Zeit vor seinem Tode mir unser ganzes Anwesen, ich führte das Geschäft und die Schiefergrube bis zum Jahre 1892 für Rechnung der Familie weiter. Die Kaisergrube war in dieser Zeit sehr ergiebig und brachte hohen Gewinn. Since my older brother Christian had married into Kellenbach, my father, who died in May 1889, transferred our entire estate to me a long time before his death, and I continued to run the business and the slate mine for the family's account until 1892. The "Kaisergrube" was very productive at that time and brought high profits.
In der Zeit nach dem Tode meines Vaters wurden wir vom Baron von Salis[6] verklagt. Er verlangte die Räumung der Schutthalde rechts der Strasse bis zum Bach, weil ihm das Hochwasser das Futter auf seiner Wiese über dem Bach verderben würde. Diesen Prozess, den ich selbst am Amtsgericht ohne Anwalt führte, verlor der Baron, trotzdem er alle Hebel in Bewegung setzte und selber Jurist und Amtsrichter war, darauf legte er Berufung beim Landgericht ein und verlor auch dort. Nun steckte sich der Baron hinter die Regierung. Es kamen 3 Beamte zu einem hier an Ort und Stelle angesetzten Termin. In dem Termin erbot ich mich freiwillig ein Gestück dem Bach entlang im halben Winkel zu errichten. Dieses Gestück war schon im Interesse der Grube geplant gewesen. In the time after my father's death we were sued by the Baron von Salis[6]. He demanded the clearing of the rubble heap on the right of the road up to the brook, because the high water would spoil the fodder on his meadow above the brook. This lawsuit, which I conducted myself at the district court without a lawyer, was lost by the baron, despite the fact that he pulled out all the stops and was himself a lawyer and a district judge. Now the baron put himself behind the government. Three officials came to an appointment scheduled here on the spot. In the appointment I volunteered to build a piece of land along the stream at a half angle. This piece had already been planned in the interest of the mine.
Im Jahre 1892 übernahm ich auch das Geschäft für meine Rechnung. Das Jahr 1893 hatte eine so grosse Missernte, dass man das Vieh nicht durchzubringen wusste. In 1892 I also took over the business for my account. The year 1893 had such a bad harvest that the cattle could not be brought through.
Im Jahre 1891 hatte ich geheiratet. Meine Frau und ich arbeiteten munter weiter, unser Geschäft ging, und wir kamen vorwärts. In 1891, I had married. My wife and I continued to work blithely, our business was going and we were getting ahead.
Im Jahre 1894 wurde unser erstes Kind geboren. Die Mutter hatte dabei viel leiden müssen, erholte sich aber doch bald wieder. In 1894 our first child was born. The mother had to suffer a lot in the process, but soon recovered.
Als die Ortskrankenkasse gegründet wurde, übernahm ich den Posten als Rechner und Verwalter mit einem Gehalt von 300 Mark jährlich. Die Kasse gedieh gut und konnte bei der Verschmelzung mit der Kreiskasse einen Reservefonds von 9000 Mark mitbringen. When the local health insurance was founded, I took over the post as calculator and administrator with a salary of 300 marks per year. The insurance fund prospered well and was able to bring a reserve fund of 9000 marks when it merged with the district health insurance.
Etwas später half ich die Raiffeisen-Sparkasse gründen und übernahm dabei den Posten des Rechners und hatte so neben der Landwirtschaft und dem Geschäft und der Schiefergrube noch 2 Kassen zu verwalten. Die meisten schriftlichen Arbeiten machte ich abends. A little later I helped to found the Raiffeisen Savings Bank and took over the position of the accountant and thus had to manage 2 cash registers in addition to agriculture and the business and the slate mine. I did most of the written work in the evenings.
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Ende der 90er Jahre fing ich mit drei Teilhabern, Scheidhauer Fritz und Paul[6] bei Schwerbach und Oberkirn still liegende alte Schiefergruben an in Betrieb zu nehmen (Brunkenstein und Moselhöhe). Beide Gruben brachten kaum einen Ertrag. Dann kauften wir von drei Teilhabern aus Hahn, die in Streit geraten waren, die Grube "Gute Hoffnung" [10] bei Hahn zu dem Preise von 6.400.-- Mark, in Raten zahlbar. Die Kaufpreisraten zahlten wir aus dem Ertrag der Grube, und so kostete also die Grube uns nichts. Die Ergiebigkeit der Grube hielt stand und warf hohen Gewinn ab. Im Jahre 1912 verkauften wir sie an die Firma J.B. Rathscheck Söhne G.m.b.H., Mayen, Inhaber war Wilhelm Wehrhan in Neuss,[18]für den Preis von 117.000.-- Mark. At the end of the 90s I began with three partners, Scheidhauer Fritz and Paul[6] near Schwerbach and Oberkirn still lying old slate pits to take in enterprise (Brunkenstein and Moselhöhe). Both pits brought hardly any yield. Then we bought the pit "Gute Hoffnung"[10] near Hahn from three partners from Hahn, who had come into dispute, at the price of 6.400.-- Marks, payable in installments. We paid the purchase price installments from the yield of the mine, and so the mine cost us nothing. The yield of the mine was stable and yielded a high profit. In 1912 we sold it to the company J.B. Rathscheck Söhne G.m.b.H., Mayen, owner was Wilhelm Wehrhan in Neuss,[18]for the price of 117,000.-- Mark.
Als wir die Grube noch hatten, verklagte uns die Firma Gebr. Rother, Frankfurt a/Main[15], dass uns unter Strafe verboten werden sollte, das Material "Moselschiefer" zu bezeichnen. Die Grube lag aber doch auf dem Gebiet der Gemeinde und Gemarkung Pünderich a/Mosel. Den Prozess musste ich führen, und er endete zu unseren Gunsten. When we still had the pit, the company Gebr. Rother, Frankfurt a/Main[15] sued us that we should be forbidden under penalty to call the material "Moselschiefer". However, the mine was located on the territory of the municipality and district of Pünderich a/Mosel. I had to conduct the trial and it ended in our favor.
Die grossen Cauber und Moselgruben machten uns alle möglichen Schikanen, besonders beim Verkauf, machten bei Behörden und Privaten unsere Ware schlecht und suchten uns überall abzudrängen. Unsere Ware und wir selbst waren noch nicht bekannt und wir hatten schwer zu kämpfen. The big Cauber and Mosel pits gave us all kinds of harassment, especially in sales, bad-mouthing our goods to authorities and private individuals and trying to push us away everywhere. Our goods and ourselves were not yet known and we had to fight hard.
An den Schiefergrosshändler, Joh. Schunk in Bonn[19] hatten wir ca 2 Jahre vor dem Verkauf der Grube die ganze Produktion verkauft, es fiel aber Schunk schwer, sie fortzubringen und seine vertraglichen Verpflichtungen, besonders der der Zahlung nachzukommen und so wuchs das Lager ungeheuer. Schunk stellte uns den Antrag ihn von der weiteren Abnahme zu entbinden und den Vertrag zu lösen. To the slate wholesaler, Joh. Schunk in Bonn[19] we had sold the whole production about 2 years before the sale of the mine, but it was difficult for Schunk to take it away and to fulfill his contractual obligations, especially the payment, and so the stock grew tremendously. Schunk asked us to release him from further purchase and to dissolve the contract.
Bei einer Zusammenkunft mit Schunk in Büchenbeuren kamen wir demselben weitgehend entgegen, lösten den Vertrag, bewilligten kostenlose Lagerung seiner bei uns setzenden Vorräte und gaben ihm weite zinslose Zahlungstermine für seine schon längst fälligen Zahlungen. Schunk hatte seinen Geschäftsführer mitgebracht, der nun den neuen Vertrag niederschrieb. In diesem Vertrag heisst es, dass der alte Vertrag bis auf § 6, der bestehen bleiben sollte, aufgehoben sei. Als ich das mit §6 beanstandete, sagte Schunk, derselbe enthielte die Verpflichtung der freien Lieferung in den Waggon. Wir hatten den Vertrag nicht bei uns, glaubten seiner Versicherung und unterschrieben. Wir wollten ja und mussten franko Waggon Sohren liefern. Nun, stellte sich aber heraus, dass der §6 sich nicht auf die freie Lieferung bezog, sondern dass Schunk das Vorkaufsrecht der Produktion hatte. Als wir nun später (1/2 Jahr) die Grube verkauft hatten, glaubte Schunk auf Grund des §6 eine Entschädigung aus uns pressen zu können, verlangte Offerte und gab an, kaufen zu wollen. Ich lehnte nicht ab, sondern bot ihm die Produktion an. Ich wusste ja, das er nicht kaufen könnte, setzte mich aber auch mit Rathscheck für den schlimmen Fall, der mir entgegenkam, in Verbindung. Mit Schunk wurde ich nicht einig. Nun verklagte er uns am Landgericht Koblenz auf Entschädigung und errechnete in einer buchdicken Klageschrift seinen Schaden auf über 36.000.-- Mark. Der Prozess, den ich führen musste, dauerte 10 Jahre, und endete am Oberlandgericht in Köln mit glatter Abweisung der Klage. At a meeting with Schunk in Büchenbeuren, we accommodated him to a large extent, dissolved the contract, granted free storage of the supplies he had placed with us and gave him wide interest-free payment dates for his long overdue payments. Schunk had brought his managing director with him, who now wrote down the new contract. This contract stated that the old contract was cancelled except for §6, which was to remain in force. When I objected to §6, Schunk said that it contained the obligation of free delivery to the wagon. We did not have the contract with us, believed his assurance and signed. We wanted to and had to deliver Sohren carriage paid. Well, it turned out that §6 did not refer to free delivery, but that Schunk had the right of first refusal of production. When we later (1/2 year) sold the mine, Schunk thought it could squeeze compensation out of us on the basis of §6, demanded an offer and stated that it wanted to buy. I did not refuse, but offered him the production. I knew that he would not be able to buy, but I also contacted Rathscheck for the bad case that came my way. I did not come to an agreement with Schunk. Now he sued us for compensation at the Regional Court in Koblenz and calculated his damages in a book-thick statement of claim at over 36,000 marks. The lawsuit, which I had to conduct, lasted 10 years and ended at the Higher Regional Court in Cologne with an outright dismissal of the claim.
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Die vorhandene Scheune und Stall waren sehr baufällig und unpraktisch. Ich errichtete deshalb im Anfang dieses Jahrhunderts die jetzt vorhandenen Gebäude. Es war sehr schwer, weil der ganze Flatz 2-3 meter hoch abgetragen werden musste, was im Winter vorher gemacht wurde und viele hundert Fuhren erforderte. The existing barn and stable were very dilapidated and impractical. I therefore built the now existing buildings in the beginning of this century. It was very difficult, because the whole rubble had to be removed 2-3 meters high, which was done in the winter before and required many hundred wagon trips.
Unser Geschäft ging gut und unser Vermögen wuchs zusehend. Ich erwarb vom Baron die Osterwiese pro Quadratmeter zu 3.-- Mark, der ganze Kaufpreis betrug über 11.000.-- Mark. Das Gelände umfasste das Terrain, was jetzt Peitz, Finzel, Daum und Dr Jacobs[6] haben, sowie die Gärten p.p. von Karl und Wilhelm. Our business went well and our fortune grew visibly. I acquired from the Baron the Osterwiese per square meter at 3.-- Marks, the whole purchase price was over 11.000.-- Marks. The area included the terrain, what now Peitz, Finzel, Daum and Dr Jacobs[6] have, as well as the gardens p.p. of Karl and Wilhelm.
Nun beschloss ich auf der vorderen Ecke der Osterwiese ein grosses Geschäfts - und Wohnhaus zu errichten. Alle Vorbereitungen wurden getroffen. Die Steine für Grund- und Kellermauern wurden gebrochen und sassen abfahrbereit im Walde. Von der Gemeinde Schlierschied hatte ich einen ganzen Schlag Eichenbauholz gekauft. Dieses sass zugeschnitten und aufgeschichtet auf der Halde der Kaisergrube. Der Plan war fertig und genehmigt. Die Entwässerung des Baugeländes nach dem bach war fertig. 1914 sollte der Bau unter Dach kommen. Im Juli 1914 machte ich noch eine Fahrt mit dem hessischen Flottenverein nach der Wasserkante, Hamburg, Helgoland, Kiel, Berlin mit Abstecher nach Stellingen und Friedrichsruh mit, die zu einer der schönsten Erinnerungen meines ganzen Lebens gehört. Dann sollte der Bau beginnen. Einen Tag vor unserer Kirmes kam ich zurück. Der Weltkrieg[20] war im Anzug und brach ja auch kurz darauf aus. Da ich das Bauen nicht eilig hatte, stellte ich es bis nach dem Krieg, der ja nich lange dauern sollte, zurück. Now I decided to build a large commercial and residential building on the front corner of Easter Meadow. All preparations were made. The stones for foundation and cellar walls were broken and sat ready for departure in the forest. From the municipality Schlierschied I had bought a whole blow oak building timber. This sat cut and piled up on the dump of the Kaisergrube. The plan was ready and approved. The drainage of the construction site to the creek was finished. In 1914 the building was to come under roof. In July 1914, I took part in a trip with the Hessian Fleet Association to the water's edge, Hamburg, Helgoland, Kiel, Berlin with detours to Stellingen and Friedrichsruh, which is one of the best memories of my entire life. Then the construction was to begin. I returned one day before our fair. The world war was approaching and broke out shortly afterwards.[20] Since I was not in a hurry to build, I postponed it until after the war, which would not last long.
Es kam anders. Das Holz wurde 1918 vom Hochwasser mitgenommen und ging fast alle verloren. Die Steine wurde fuhrenweise im Walde gestohlen. Das Bauen wurde aufgeschoben und aufgehoben. Während des Krieges waren alle Buchaussenstände und Schuldscheine eingegangen, die Warenvorräte verkauft. Und so hatte ich grosse Geldvorräte, die ich in Kriegsanleihe und Sparguthaben anlegte. Im ganzen hatte ich 80.000.-- Kriegsanleihe gezeichnet und 20.000.-- Mark Koblenzer Stadtanleihe, ausserdem hatte ich noch einige Tausend Mark in Bodenkreditanleihe gekauft. 65.000.-- Mark Preuss. Staatsanleihe (Consols) hatte ich schon vor dem Kriege gekauft. It came differently. The wood was taken away by the floods in 1918 and almost all of it was lost. The stones were stolen by the hour in the forest. Building was postponed and suspended. During the war, all the book balances and promissory bills had been received, the stocks of goods had been sold. And so I had large cash reserves, which I invested in war bonds and savings. In total, I had subscribed to 80,000 Marks war bond and 20,000 Marks Koblenz city bond, in addition to which I had bought a few thousand Marks in land credit bond. 65.000.-- Mark Preuss. Staatsanleihe (Consols) I had already bought before the war.
Als von unserer Zentralkasse ein Kaufangebot für Kriegsanleihe zum Kurs von 92 % gemacht wurde, verkaufte ich dieselbe und legte das Geld bei der Kasse an und meinte damit ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Aber alles ging in der Inflation verloren. auch im Geschäft wirkte sich die Inflation ganz verherend aus. Hatten wir an einem Tage für 1.000.-- Mark verkauft, so konnten wir am anderen Tag oder späteren Tag, wenn wir Gelegenheit zum Wiedereinkauf hatten, vielleicht eine Schachtel Streichholz dafür kaufen. When our central treasury made an offer to buy war bonds at a rate of 92%, I sold them and invested the money in the treasury, thinking I had made a good deal. But everything was lost in the inflation. Inflation also had a devastating effect on business. If we had sold for 1,000 marks one day, we might have been able to buy a box of matches for it the next day or later, when we had the opportunity to buy again.
Die kleineren Papierscheine mussten wir gezählt und gebündelt am Postamt gegen grössere umtauschen. Es ist mir passiert, dass mir der Postbeamte, nachdem er mir die grösseren scheine gegeben hatte, sagte, warten Sie mal einen Augenblick. Er nahm den Korb mid den kleinen Scheine ab und warf eine Bündel nach dem anderen ungezählt in den brennenden Ofen. We had to count and bundle the smaller paper bills at the post office and exchange them for larger ones. It happened to me that the post office clerk, after giving me the larger bills, told me to wait a moment. He took the basket of small bills and threw one after the other uncounted bundles into the burning oven.
Bald am Ende der Inflation kam eine Tages die ganze Layenkaul mit 5 Millardenscheinen, die sie funkelneu am Tage vorher vom Landratsamt erhalten hatten. Wir gaben nichts dafür, und da kamen sie mit der Polizei wieder, die uns befahl zu verkaufen. Und so ging unser ganzes Vermögen verloren, am Schlusse hatte wir nicht mehr als Körbe voll Papiergeld, das garnichts wert war. Es blieb mir nichts übrig als mein liegender Besitz und die 65.000.-- Mark Consols, die aber nur mit 2 1/2 % d.h. mit 25 vom Tausend aufgewertet wurden.[21] Soon at the end of the inflation, one day the whole Layenkaul came with 5 billion bills, which they had received sparkling new the day before from the district office. We gave nothing for it, and there they came again with the police, who ordered us to sell. And so our whole fortune was lost, in the end we had nothing more than baskets full of paper money, which was worth nothing at all. I was left with nothing but my property and the 65,000 Mark Consols, which were revalued at only 2 1/2%, i.e. at 25 per thousand.[21]
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Ich glaubte das Geschäft wieder hoch zu bringen; aber es gab keine Ware ohne Geld. Da nahm ich eine Hypothek auf den Rest meines Vermögens über 10.000.-- Mark. Aber das reichte nicht und 18 % Zinsen. Ausserdem war schlechte Auskunft über mich gegeben worden. Das waren recht trostlose Zeiten. I believed I could bring the business up again; but there were no goods without money. So I took a mortgage on the rest of my assets for 10,000 marks. But that was not enough and 18% interest. Besides, bad information had been given about me. Those were rather bleak times.
Als wir die gute Hoffnung verkauft hatten, pachteten wir von der Gemeinde Oberkirn die Grube Karschheck[10], die ja jetzt noch in Betrieb ist. Nur z.Zt. durch den Krieg liegt sie still. Anstatt des Teilhabers Fritz sind jetzt beide Söhne von Paul, Josef und Alois, die das Viertel von Fritz für 6.000.-- Mark gekauft haben, jetzt Teilhaber[6]. When we had sold the good hope, we leased from the municipality Oberkirn the pit Karschheck[10], which is still in operation now. Only at present by the war it lies still. Instead of the partner Fritz, both sons of Paul, Josef and Alois, who bought the quarter from Fritz for 6,000 marks, are now partners[6].
Die Grube hat schon ganz gute Erträge gebracht, nur die beiden letzten Jahre nicht. Im Jahre 1923 kamen die beiden Proske und Schlömer aus Köln[6] an uns heran und sagten, sie hätten Käufer mit viel Geld, die eine Schiefergrube kaufen wollten, und wollten uns veranlassen, ihnen eine Schiefergrube zu überlassen. Wir lehnten ab; aber sie kamen 3 bis 4 mal wieder, bis sie es fertig brachten, dass wir uns bereit erklärten. Als sie wiederkamen, hatten sie keinen Käufer, aber eine fertige Aktiengesellschaft in der Tasche. Sie brachten es fertig, dass wir auch dazu unsere Zustimmung gaben, und die beiden Gruben Brunkenstein und Moselhöhe dazu hergaben. Proske war der Hauptmacher. Er arbeitete einen Prospekt aus, in dem er den Wert der Gruben in schwindelhafter Höhe angab und übertrug sich den Vertrieb der Aktien und setzte sich eine auch schwindelhafte Provision dafür fest. Wir hatte A gesagt, das Weitere kam von selbst. Die Aktiengesellschaft wurde fertig, ich selbst Vorsitzender des Vorstandes. Die Aktien hatte Proske alle verkauft. 51 % davon hatten wir uns vorbehalten, um auf alle Fälle die Stimmenmehrheit zu haben, und nun ging's ans Arbeiten. Die Gruben, die lange stillgelegen hatten, erforderten grosse Zubusen, die wir leisten mussten. Die Inflation kam und die Aktiengesellschaft war kaput. Für mich war nun die folgende Zeit die schwerste und schlimmste meines ganzen Lebens. Hatte ich doch als Vorsitzender des Vorstandes die ganze Verantwortung und Arbeit und verstand doch nichts davon. Auch der Amtsrichter in Rhaunen verstand noch weniger von einer Aktiengesellschaft und bestellte mich nach dort, ohne mir Rat oder Anweisung geben zu können, wie dasjenige, was er mir aufgab, gemacht werden könnte. Kurz gesagt, wir liquidierten und wurden nach vier Jahren damit fertig. Wir hatte schweres Lehrgeld gezahlt. 15.000.-- RM hatten wir dabei eingebüsst. Was ich dabei ausgehalten habe, ist nicht zu beschreiben. Eine Genugtung ist mir geworden, nämlich die, dass ich dem Schwindler Proske trotz aller Drohungen keine Provision auszahlte, und er nichts für seine auch sehr grosse Arbeit und seine Auslagen hatte. The mine has already brought quite good yields, only the last two years not. In 1923, the two Proske and Schlömer from Cologne[6] approached us and said they had buyers with a lot of money who wanted to buy a slate pit, and wanted to get us to give them a slate pit. We refused; but they came back 3 or 4 times until they managed to get us to agree. When they came back, they had no buyer, but a ready corporation in their pocket. They managed to get us to agree to this as well, and to give both the Brunkenstein and Moselhöhe mines for this purpose. Proske was the main maker. He worked out a prospectus in which he stated the value of the mines at a dizzy height and entrusted himself with the distribution of the shares and set himself an also dizzy commission for it. We had said A, the rest came by itself. The joint stock company was completed, I myself became chairman of the board. Proske had sold all the shares. We had reserved 51% of them for ourselves in order to have a majority of the votes in any case, and now we got down to work. The mines, which had been idle for a long time, required us to make large contributions. Inflation came and the joint stock company was kaput. For me, the following period was the most difficult and worst of my entire life. As Chairman of the Board, I had all the responsibility and work, and yet I understood nothing about it. The district judge in Rhaunen also understood even less about a stock corporation and ordered me to come there without being able to give me any advice or instructions on how to do what he had asked me to do. In short, we liquidated and were finished with it after four years. We had paid a heavy price. We had lost RM 15,000 in the process. What I endured in the process cannot be described. There was one thing that satisfied me, namely that I did not pay the swindler Proske a commission, despite all the threats, and he had nothing for his work, which was also very great, and his expenses.
Noch ein böses Vorkommen hatte ich in meinem Leben, das ich schildern möchte. I had another evil occurrence in my life that I would like to describe.
In den 20er Jahren habe ich dem Landwirt Friedrich Kaufmann[6] in Gehlweiler Kunstdünger geliefert, er bezahlte schlecht und zuletzt garnicht mehr. Als alle Mahnungen nichts halfen, nahm ich das Gericht zu Hilfe und liess ihm einen Zahlungsbefehl zustellen. Kaufmann erhob Widerspruch und legte in dem anberaumten Termin die Rechnung mit der Unterschrift " erhalten Karl Pullig " vor. Datum war nich darauf. Auf die Frage des Richters gab er den Monat Januar an, er war aber im März noch bei mir und bat um weiteren Ausstand, den ich aber gezwungen durch eigenen Geldverhältnisse nicht gewährte. Der Rechnungsbetrag war 400.-- RM. Ich konnte durch mein Dienstmädchen nachweisen, dass er im März noch bei mir im Hause war; aber das Mädchen konnte nicht wissen, was vorging. Nach vielen Terminen, die die Sache nicht einwandfrei klärten,
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wurde meine Klage abgewiesen. In the 20's I supplied the farmer Friedrich Kaufmann[6] in Gehlweiler artificial fertilizer, he paid badly and finally not at all. When all reminders did not help, I took the court to help and let him serve a payment order. Kaufmann objected and presented the invoice with the signature "received Karl Pullig" at the appointed time. The date was not on it. When asked by the judge, he stated the month of January, but he was still with me in March and asked for a further extension, which I did not grant due to my own financial circumstances. The invoice amount was 400.-- RM. I was able to prove through my maid that he was still in my house in March; but the maid could not know what was going on. After many appointments, which did not clarify the matter flawlessly, my claim was dismissed.
Nun ging ich an das Landgericht. Dasselbe gab, da ich die Sache auch dort nicht klärte, Kaufmann den Eid, dass er die Rechnung bezahlt habe, den Kaufmann glatt leistete. Das ganze kostete mich über 800.-- Mark, da ich alle Kosten zahlen musste. Die Unterschrift "erhalten Karl Pullig " war von einer früheren bezahlten Rechnung abgepausst, was garnicht so schwer war. Auch war die Rechnung mit der Unterschrift ganz gelb gefärbt, um die Unterschrift zu verwischen. Now I went to the district court. The same gave, since I did not clarify the matter there either, Kaufmann the oath that he had paid the invoice, which Kaufmann smoothly performed. The whole thing cost me over 800 marks, since I had to pay all the costs. The signature "received Karl Pullig " was copied from an earlier paid invoice, which was not so difficult. Also, the invoice with the signature was colored all yellow to blur the signature.
Wenn ich glaube, die materiellen Verhältnisse meines Lebens geschildert zu haben, will ich die inneren häuslichen Verhältnisse niederschreiben. Mit meiner lieben guten Frau habe ich ja im Jahre 1941 goldene Hochzeit feieren können und kann sagen, dass wir von erster Stunde bis zur letzten ein überaus glückliche Ehe und glückliches Leben hatten. Wir haben uns gut verstanden und waren bestrebt, eines dem anderen zu dienen und das oft schwere Leben zu erleichtern und verschönern. Wirklicher oder ernster Streit oder Zerwürfnis ist niemals vorgekommen. In jeder Lebenslage stand sie mir als treuer Kamerad klug zur Seite, ihren 7 Kindern war sie eine gute sorgende Mutter. Ihr ganzes Leben war nur von Sorge und Arbeit für das Wohl der Ihren erfüllt. Ihr Fleiss und Aufopferung hatte gar keine Grenzen. When I think I have described the material circumstances of my life, I want to write down the inner domestic circumstances. I was able to celebrate my golden wedding anniversary with my dear good wife in 1941 and I can say that we had an extremely happy marriage and happy life from the first hour to the last. We got along well and were anxious to serve one another and to make the often difficult life easier and more beautiful. Real or serious quarrels or discord never occurred. In every situation of life she stood by me wisely as a faithful comrade, to her 7 children she was a good caring mother. Her whole life was filled only with care and work for the welfare of her own. Her diligence and sacrifice had no limits.
Auch für die nähere und weitere Umgebung war sie immer hilfsbereit und liebte ihre Heimat und Vaterland und unseren Führer über alles, hatte ein grosses Verständnis für alles Gute und schöne und war geschickt in allen Handarbeiten. She was also always helpful to the nearer and wider surroundings and loved her homeland and fatherland and our leader above everything, had a great understanding of everything good and beautiful and was skilled in all handicrafts.
Ueber unsere Kinder kann ich sagen, dass sie uns Kummer oder Herzensleid nie bereitet haben und neben Sorge und Arbeit auch viel Freude bereitet haben. Unsere Söhne sind uns immer gehorsam geblieben, ihre Frauen haben sie sich selbst gesucht und gewählt, ohne unseren Rat und Meinung zu befragen. About our children I can say that they have never caused us sorrow or heartache, and besides worry and work they have also given us much joy. Our sons have always remained obedient to us; they have sought and chosen their wives themselves, without asking our advice or opinion.
Solange unsere gute Mutter da war, hatten wir auch im Alter ein ganz schönes Leben und fühlten uns glücklich. Ich bin jetzt in jeder Beziehung gut versorgt; aber ich fühle mich doch einsam, zumal der böse Krieg[22] bis an unsere Grenzen herangekommen ist und unsere nähere Heimat schwer bedroht. Ottilie musste flüchten und ist schon drei Monate mit seinen drei Kindern bei mir. Ich musste ja auch erleben, dass unser Enkel Karl-Hermann für das Vaterland gestorben, und unser Sohn an der Ostfront schon über drei Monate vermisst ist. Die Enkel Wilfried und Wolfram sind verwundet. Wolfram hat einen Lungenschuss. As long as our good mother was there, we had quite a nice life even in old age and felt happy. I am now well provided for in every respect; but I still feel lonely, especially since the evil war[22] has come right up to our borders and is seriously threatening our nearer home. Ottilie had to flee and has already been with me for three months with his three children. I also had to experience that our grandson Karl-Hermann died for the Fatherland, and our son has been missing on the Eastern Front for over three months. The grandsons Wilfried and Wolfram are wounded. Wolfram is shot in the lungs.
Gesundheitlich geht es mir bis auf kleinere Alterserscheinungen noch recht gut. Ich lese noch mit meinen 87 Jahren die Zeitung ohne Brille, was ich 30 Jahre nicht konnte. Health-wise, I am still doing quite well, except for minor signs of aging. At the age of 87, I still read the newspaper without glasses, something I was unable to do for 30 years.
In meinem 40-50. Lebensjahren hatte ich ein schweres nervöses Magenleiden, das mich körperlich bis an den Rand brachte, bis ich nach vielen vergeblichen Doktoreien zu dem Spezialisten Dr. Abend[23] in Wiesbaden kam, der mich ohne Arzeneien nur durch Diät und strenge Lebensweise wiederherstellte und vollständig gesund machte. In my 40-50th year of life I had a severe nervous stomach condition that took me physically to the brink until, after many futile doctorships, I went to the specialist Dr. Abend[23] came to Wiesbaden, who restored me without drugs only by diet and strict lifestyle and made me completely healthy.
Auch Gertrud hatte in Meisenheim, wo es als Kind zu Besuch war, eine schwere Krankheit gehabt, deren Folgen garnicht mehr ganz beseitigt werden konnten. Also Gertrud had had a serious illness in Meisenheim, where it had visited as a child, the consequences of which could not be completely eliminated.
Im Übrigen sind wir von schweren Krankheiten verschont geblieben. For the rest, we have been spared serious illnesses.
Mit Ehrenämtern bin ich reichlich bedacht gewesen. Ich war üver 30 Jahre Vertrauensmann, der Steinbruchgenossenschaft und erhielt mit 25 Jahren eine schöne Plakette, 50 Jahre war ich im Presbyterium der evgl. Gemeinde, ich half die Trennung des bestehenden Simultanverhältnisses lösen und die neue Kirche erichten. I have been richly endowed with honorary offices. For over 30 years I was a member of the quarry cooperative and received a beautiful plaque at the age of 25. For 50 years I was a member of the presbytery of the Lutheran congregation, I helped to solve the separation of the existing simultaneous relationship and to build the new church.
50 Jahre war ich auch Beigeordneter der Bürgermeisterei. Als Anerkennung wurde ich an meinem 80. Geburtstag zum Ehrenbürger von Gemünden ernannt und erhielt die in meinem Zimmer stehende schöne
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Hitlerbüste. 50 Jahre war ich auch stellvertretender Standesbeamte, was recht viel Arbeit machte, auch als Beigeordneter wurde ich oft und viel in Anspruch genommen, besonders während der Kriege und beim Bürgermeisterwechsel. For 50 years I was also an alderman of the mayoralty. As a recognition I was appointed honorary citizen of Gemünden on my 80th birthday and received the beautiful Hitler bust. I was also deputy registrar for 50 years, which was quite a lot of work.I was also called upon often and a lot as alderman, especially during the wars and when the mayor changed.
Ich war lange in der Steuerkommission und als Schöffe am Gericht und Beisitzer bei der Strafkammer in Koblenz, bin auch in Besitz des Verdienstkreuzes für Kriegshilfe im ersten Weltkrieg. I was for a long time in the tax commission and as a lay judge at the court and assessor at the criminal chamber in Koblenz, I am also in possession of the Cross of Merit for war assistance in the First World War.
Nun glaube ich mein Leben einigermassen geschildert zu haben und darf noch sagen, dass ich immer bestrebt war, rech und gerecht zu handeln. Mit Wissen habe ich niemand betrogen oder unrecht getan und habe mich auch bemüht ein gutes Beispiel zu hinterlassen. Now I think I have described my life to some extent and may I say that I have always strived to act rightly and justly. With knowledge I have not deceived or wronged anyone and have also tried to leave a good example.
Ich bin aber auch nur ein Mensch gewesen, der auch mit allen menschlichen Fehlern und Mängel belastet war. But I was also just a human being who was also burdened with all human faults and shortcomings.
Ich danke Allen für das gute, das mir getan wurde, und bitte mir zu verzeihen, wenn ich jemand wehe getan habe. I thank everyone for the good that has been done to me, and please forgive me if I have hurt anyone.
Vor Prozessen und Zeugen kann ich nicht dringend genug warnen; denn ich habe in meinem langen Leben viele und oft schlechte Erfahrungen in dieser Beziehung gemacht. I cannot warn strongly enough against trials and witnesses; for I have had many and often bad experiences in this regard in my long life.
Als Geleit sage ich Euch noch: Tut jederzeit redlich und true Eure Pflicht, haltet in Liebe und Frieden treu zusammen, seid fleissig in Euren Berufen; dann wird der Lohn und Segen nicht ausbleiben, denn nur in der treuen Arbeit liegt Segen und Befriedigung. As a guideline I say to you: Do your duty honestly and true at all times, keep together faithfully in love and peace, be diligent in your professions; then the reward and blessing will not be lacking, because only in faithful work lies blessing and satisfaction.
Mein letzter Gedanke und Wunsch ist, dass Ihr alle gesund und glücklich sein und bleiben möget. My last thought and wish is that you all be and stay healthy and happy.
Euer Vater Your Father
Anmerkungen Remarks
- ↑ 1.0 1.1 Wikipedia Gemünden
- ↑ 2.0 2.1 Das heißt der Text wurden zwischen dem 25. Oktober 1944 und dem 25. Oktober 1945 erstellt.
Accordingly the text was created between October 25, 1944 and October 25, 1945. - ↑ 3.0 3.1 Johann Nikolaus Pullig (1781-1852)∞Maria Katharina Gaß (1790-1858)
- ↑ 4.0 4.1 Johann Christian Scheidhauer (1788-1861)∞Maria Elisabeth (Gaubart) Scheidhauer (1803-1883)
- ↑ 5.0 5.1 Adam Best, ev. Lehrer, geb. 6.12.1829 (Waldalgesheim?), S.v. Philipp Best und Louisa Fichtner, ∞o1858 StA Gem. Nr. 20 Susanna Maria Schmidt aus Womrath. Quelle: Wolfgang Grabe, 2012, Familienbuch des Standesamts Gemünden, 1798-1900.Adam Best, ev. teacher, b. 6.12.1829 (Waldalgesheim?), son of Philipp Best and Louisa Fichtner, ∞1858 StA Gem. Nr. 20 to Susanna Maria Schmidt from Womrath. Source: Wolfgang Grabe, 2012, Familienbuch des Standesamts Gemünden, 1798-1900.
- ↑ 6.00 6.01 6.02 6.03 6.04 6.05 6.06 6.07 6.08 6.09 6.10 6.11 6.12 6.13 6.14 6.15 6.16 6.17 6.18 6.19 6.20 6.21 6.22 6.23 6.24 6.25 6.26 6.27 6.28 6.29 Person ist noch nicht identifiziert. Person not yet identified.
- ↑ 7.0 7.1 Deutsch-Dänische Krieg vom 1. Februar 1864 bis zum 30. Oktober 1864
- ↑ 8.0 8.1 Deutsche Krieg, auch preußisch-österreichischer Krieg, von 1866
- ↑ 9.0 9.1 Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871
- ↑ 10.0 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 Standort noch nicht identifiziert. Place not yet identified.
- ↑ 11.0 11.1 Gemeint sind Papiertüten (Spitztüten oder Flachbeutel), zum Einpacken loser Waren.
"Düten" refers to the german word "Tüten", which are paper bags (pointed bags or flat bags), for packing loose goods. - ↑ 12.0 12.1 Gemeint ist Kaffee. "Ceilon" is used as Acronym for coffee.
- ↑ 13.0 13.1 Rüböl = Rapsöl, siehe Siehe Wikipedia: Rapsöl.
"Rüböl" is used as acronym for rapeseed oil, see See German Wikipedia: rapeseed oil. - ↑ 14.0 14.1 Firma Colonius & Maul, Köln. Inhaber sind Moritz Colonius und Julius Jacob Maul. Siehe GoogleBooks Joseph Meyer, Handels-Register des königlichen Handelsgerichts zu Cöln, Seite 53.
- ↑ 15.0 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 Firma noch nicht identifiziert. Company not yet identified.
- ↑ 16.0 16.1 Wikipedia: Die Teilstrecke Langenlohnsheim-Simmern der Hunsrückbahn wurde 1889 in Betrieb genommen. The Langenlohnsheim-Simmern section of the Hunsrück Railway was put into operation in 1889.
- ↑ 17.0 17.1 Mit Oelkuchen sind hier Tierfuttermittel als Presspellets, Nebenprodukt bei der Ölgewinnung gemeint.Siehe Wikipedia: Presskuchen.
With "Oelkuchen" are meant here animal feed as press pellets, by-product in oil extraction.See Wikipedia. - ↑ 18.0 18.1 Rathscheck Schiefer: 1793 durch Johann B. Rathscheck gegründet, 1904 Übernahme durch die Werhan Unternehmengruppe, Neuss.
founded in 1793 by Johann B. Rathscheck, 1904 takeover by the Werhan group of companies, Neuss. - ↑ 19.0 19.1 Schieferhandel Schunk, Bonn: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Johann_Josef_Schunck
- ↑ 20.0 20.1 1914-1918 WWI (Wikipedia)
- ↑ 21.0 21.1 Hyperinflation 1914-1923 (Wikipedia)
- ↑ 22.0 22.1 1939-1945 WWII (Wikipedia)
- ↑ 23.0 23.1 Kuranstalt für Magen-, Leber- und Darmkranke. Dr. med. Ludwig Abend, Parkstraße 30, Wiesbaden. Siehe Google-Books: Bäder-Almanach, 1895, Seite 528.
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